In Zizenhausen und Hoppetenzell besteht schon lange der Wunsch nach einer regelmäßigen Zuganbindung für besseren Nahverkehr Richtung der Kernstadt von Stockach. In Hindelwangen, durch das die Bahnlinie ebenfalls verläuft, gab es sogar noch nie ÖPNV. Dass die Perspektiven dafür gut aussehen und ein Teil sogar schon fix ist, gehörte in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Stockach zu den guten Nachrichten für die Einwohner.
Ralf Derwig, Co-Präsident der Initiative Bodensee-S-Bahn und Mitglied im Beitrat des Fördervereins Ablachtalbahn, sowie der Meßkircher Bürgermeister Arne Zwick und der Sauldorfer Bürgermeister Serverin Rommeler waren zu Gast, um einen Überblick zu geben, wie weit die Pläne für die Verlängerung des Seehäsles in Richtung Sigmaringen/Mengen und somit einen regelmäßigen Schienennahverkehrs über den Biberbahn-Freizeitverkehr hinaus fortgeschritten sind. Die Ablachtalbahn ist im Eigentum dieser beiden Gemeinden. Zudem kam auch zur Sprache, wie es in Espasingen mit der Bodensee-Gürtelbahn aussieht.

Bisher seien die Biberbahn und Sonderzugverkehr bei Anlässen wie dem Schweizer Feiertag ein sehr großer Erfolg, schilderte Derwig. Von Hoppetenzell aus sei das Angebot beim Stadtfest sehr gut genutzt worden. Erste Schritte, auf der Strecke einen regelmäßigen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zu etablieren, würden derzeit laufen und hätten das Ziel Fördermittel sowie eine Bestellgarantie für die Züge zu erhalten. Von den Kosten in Höhe von rund 80 bis 90 Millionen Euro sollen 90 Prozent vom Bund, 5 Prozent vom Land und die restlichen 5 Prozent von den Kommunen kommen. Eine Frage sei noch die Ausrichtung der Strecke – entweder Richtung Sigmaringen oder Richtung Mengen. „Beides hat Vor- und Nachteile“, sagte Derwig.
Sorge um die nördlichen Stockacher Ortsteile
Hoppetenzell und Zizenhausen stehen laut Derwig in den Förderanträgen, die derzeit vorbereitet werden. In Hoppetenzell wäre der Bahnhalt ein Stück weiter südlich als bisher und soll von der Bundesstraße aus mit einer Treppe und Rampe erschlossen werden, erklärte Derwig. „In Stockach wäre ein zweiter Bahnsteig nötig“, erklärte er.
Claudia Weber-Bastong (SPD) wies darauf hin, dass die nördlichen Ortsteile in der Planung oft etwas abgehängt seien. Sie erkundigte sich, wie wahrscheinlich Haltestellen dort wirklich wären und wie die Zeitschiene aussieht. „Ein lauter Zug, der nicht hält, wäre fatal“, sagte sie im Hinblick auf den Hall von Verkehrslärm in Zizenhausen aufgrund der Tal-Lage. Zudem merkte sie an: „Wir planen für die Zukunft. Junge Leute sind nicht auf ein Auto erpicht – die Schiene hat Potenzial.“

Severin Rommeler ergänzte zur Zeitschiene, dass eine Machbarkeitsstudie im Frühjahr 2026 fertig sein soll. Falls diese zeigen sollte, dass der Betrieb nicht funktioniere, komme das Projekt nicht. Gleiches gilt, falls es keine Fördermittel geben sollte, so Derwig. Laut Derwig spielen bei der Studie valide Daten zu Pendlern oder auch Schüler, die die Strecken nutzen können, eine Rolle.
Zum Thema Lärm erklärte Rommeler, die elektrischen Züge würden leiser fahren, als die normalen, und dass das Projekt mit einer verträglichen Finanzlast für die Kommunen aufgezogen werden soll. Er betonte noch, das Land müsse eine Zugbestellung aussprechen.
Legen geschlossene Schranken dem Verkehr lahm?
CDU-Rat Christoph Stetter sprach vom Bahnverkehr als zentrales Thema beim Klimaschutz, sagte jedoch auch, die CDU tue sich wegen der Kosten-Nutzen-Analyse schwer. Stockach habe angesichts der aktuellen Finanzlage eigentlich nicht die Mittel und es gebe noch große Fragezeichen. Ihm bereitete auch der innerstädtische Verkehr Sorgen. „Zu den Stoßzeiten ist die Stadt lahmgelegt und der Zug entspannt das nicht“, merkte er im Hinblick auf auf die Straßen mit Bahnübergängen an. Das sind an einem Bahnübergang die Schiesser-Kreuzung mit der Radolfzeller Straße/Heinrich-Fahr-Straße (beide B313) und die Goethestraße (B31-alt) sowie der Bahnübergang in der Aachenstraße bei ZG-Kreisel. Außerdem gibt es noch den Bahnübergang in der Zoznegger Straße in der Nähe des Adler-Kreisels (B313/B14).
Auch Wolf-Dieter Karle (Freie Wähler), Gemeinderat und Ortsvorsteher von Hindelwangen, befürchtet Verkehrschaos, wenn in Stockach die Schranken öfters unten wären: „Die Umfahrung steht noch in den Sternen und wir würden am Verkehr ersticken.“ Er sieht zudem ein Problem darin, dass nicht klar ist, was von Bund und Land an Geld kommt.
Neue Technik macht Bahnübergänge flotter
Doch Ralf Derwig konnte bei den Schranken Entwarnung geben und holte mit der Erklärung etwas aus: Da die Bodensee-Gürtelbahn und alle Bahnübergänge bis Hindelwangen elektrifiziert werden und zudem alte Technik ersetzt werde, gebe es künftig kürzere Schließzeiten bei den Schranken. Auch ohne die Verlängerung beim Schienennahverkehr komme dies, da die Bodensee-Gürtelbahn voll finanziert sei.
Grünen-Rätin Alice Engelhardt sagte, sie begrüße das Projekt sehr und wie gut es für Ortsteile wäre. Sie erinnerte daran, dass Hindelwangen der am schlechtesten angebundene Stockacher Ortsteil sei. Sie glaube, die Machbarkeitsstudie werde positiv ausfallen, und sie konnte Hintergründe zum Thema Schranken-Schließzeiten erklären. Bei den Stellwerken, die mehrere Jahrzehnte alt seien, seien keine so effektiven Schaltungen möglich, doch die Technik werde erneuert, so dass es schneller gehen sollte. Beim Bahnübergang am ZG-Kreisel würden die Schranken aber ohnehin nie so lange wie an der Schiesser-Kreuzung unten sein. „Ob es wirklich Riesenrückstaus gibt, muss man sehen. Ich glaube aber nicht.“

Auf eine Rückfrage von CDU-Rat Niklas Petermann antwortete Derwig ein Stundentakt sei vorgesehen. Dann wäre zwei Züge unterwegs – das normale Seehäsle im Halbstundentakt bis Stockach und ein weiterer Zug, der im Stundentakt weiter hoch fahre.
Schließlich kamen noch Espasingen und die Bodensee-Gürtelbahn zur Sprache, wo schon feststeht, dass es wieder einen Bahnhalt geben wird und Richtung Ludwigshafen auch ein zweites Gleis gebaut wird. Dort sei es in der Planung schon sehr weit, so Ortsvorsteher Andreas Bernhard. Ralf Derwig schilderte, wie schnell die Schranken dort hoch und wieder runtergehen, wenn ein Zug durchfährt – eben weil dort neue Technik verbaut sei.
Auf eine Finanzfrage von Andreas Bernhard konnte Arne Zwick erläutern, dass laufende Unterhaltungskosten aus dem Trassenendgeld finanziert werden können. Da den Gemeinden Meßkirch und Sauldorf die Strecke gehört, lande dieses Geld dort.
Ein Wunsch und ein Ausblick
Die Bürgermeister von Meßkirch und Sauldorf stellten aus ihrer Perspektive schließlich noch dar, in welcher Lage sich ihre Orte beim Nahverkehr befänden. Ein regelmäßiger Schienenverkehr würde eine Anbindung nach Stockach bedeuten und helfen, 9000 Einwohnern in ihren Orten mehr als nur einen Bus mit Zwei-Stunden-Takt zu bieten. Meßkirch und Sauldorf seien aktuell so schlecht wie Hoppetenzell angebunden.
Am Ende gab es noch einen Rückblick zum Seehäsle, der gleichzeitig eine mögliche Perspektive für die Ablachtal-Bahnstrecke ist: Bei der Reaktivierung der Bahnstrecke des Seehäsles im Jahr 1996 habe der Bus vorher 500 Personen transportiert. „Heute sind es 3500 bis 4000 Fahrgäste pro Tag, sagte Derwig.
Schreibe einen Kommentar