Was haben der Bodensee und eine Handpan gemeinsam? Mehr als man vielleicht denkt. Die Wellen des Wassers und die Klänge des Instruments empfinden viele als sehr entspannend. Am See zu sein oder die Frequenz der Musik zu spüren, wird auch als heilend bezeichnet. Und dann wäre da natürlich noch die geografische Verbindung: Stockach, die Stadt, die sich „Tor zum Bodensee“ nennt, und wo Anja Schmidt nicht nur Handpan spielt, sondern auch Kurse gibt.
Die Betreiberin des Modegeschäfts „Wundervoll“ lernte das Instrument vor fünf Jahren kennen und sitzt damit bei schönem Wetter ab und zu vor ihrem Laden. Dann kann man die sanften, wellenartigen Klänge hören – und ein bisschen ins Träumen geraten. Im Schaufenster teilen sich die Kleidung und Accessoires außerdem den Platz mit den Edelstahl-Instrumenten, die wie UFOs aussehen. Auch sie stehen dort zum Verkauf.

Wie sehr ihr das matt schimmernde Instrument am Herzen liegt und wie gut sie sich mit seinen Eigenheiten und Vorzügen auskennt, sieht und spürt man in einem ihrer Workshops. Das Geschäft hat hinten einen Raum, der voller Handpans ist – die Teilnehmer haben dann die Wahl, können aber den Abend über mehrere der glänzenden Instrumente ausprobieren. Jede ist handgemacht und dadurch ein bisschen anders. Viele bestehen aus Edelstahl, doch es gibt auch Handpans aus Stahl, bei dem die Töne kürzer klingen.
Anja Schmidt sah und hörte eine Handpan zum ersten Mal im Urlaub in der Toscana: Sie hörte Klänge, die sie faszinierten und sie begab sich auf die Suche nach der Herkunft. Dabei entdeckte sie einen Mann, der an der Straße saß und spielte. Für sie sei klar gewesen, dass sie so ein Instrument spielen wolle und habe sich zuhause dann darüber informiert.

Bei einem Besuch in München sei sie später auf ein Handpan-Geschäft gestoßen, wo sie stundenlang Instrumente probieren dürfen habe. Der Kauf einer Handpan und Workshops folgten, außerdem begann sie, die Handpans auch bei sich im Laden anzubieten und irgendwann eigene Kurse und Stunden zu geben. Sie möchte ihre Begeisterung für das Instrument, das in der Schweiz erfunden wurde, mit anderen teilen.
Das Tolle an der Handpan sei, dass man ganz frei spielen könne – es gebe kein Müssen und nichts sei falsch. Alles klinge melodisch, da die Handpan mit ihren Einbuchtungen pentatonisch aufgebaut sei, also mit einer Tonleiter aus fünf Tönen. „Das ist ganz anders als mit einer Flöte oder Gitarre“, erklärt sie und schlägt zum Beweis ein paar Töne an. „Es klingt einfach immer schön und man kann nichts falsch spielen.“ Die Handpan sei ein intuitives Instrument.
Die Workshops finden in kleiner Runde mit vier bis fünf Teilnehmern statt – an diesem Abend Sabrina, Irina, Heinz und ich. Während die Handpan-Expertin über die Herkunft und Arten des Instruments erzählt, können sich alle schon ein bisschen damit vertraut machen und schauen, ob sie das etwas sperrige Teil lieber auf dem dreibeinigen Ständer lassen oder auf den Schoß nehmen. Beides geht, aber wirkt natürlich unterschiedlich, denn mit der Handpan auf dem Schoß spürt man ihre Klänge und Vibrationen umso mehr.
Die Frequenz der Handpan ist eine ihrer Besonderheiten. So erklärt Anja Schmidt, dass es zwei gibt: 440 Hertz oder 432 Hertz. Mit 440 könne man besser zusammen in einer Gruppe spielen, doch 432 sei eine wissenschaftlich erwiesene heilende Frequenz. Viele würden sich deshalb dafür entscheiden. „Die Schwingungen machen etwas mit uns“, beschreibt Anja Schmidt. In Yogakursen oder Heilpraxen kämen Handpans oft zum Einsatz. Sie zieht außerdem einen Vergleich zum Wasser, das auch sehr gut tue, wenn man darin schwimme – auch Wasser habe eine Frequenz und Schwingung.

Zu den 440 und 432 Hertz schildert sie zudem, dass normale Musik 440 Pulsationen pro Minute habe. Die 432 würde als Healing Frequency oder auch Frequenz der Erde bezeichnet. In früheren Zeiten habe man Musik sogar mit 432 Hertz gespielt. Und auch die meisten Handpans, die an diesem Abend in den Händen der Neulinge liegen, haben die Heilfrequenz. Witzigerweise bleibt aber allen erst mal vor lauter Konzentration die Luft weg. Immer wieder hört man ein amüsiertes „Atmen nicht vergessen“, während es immer besser und besser klappt, den Instrumenten die melodischen Klänge zu entlocken.
Es sieht einfach und gleichzeitig beeindruckend aus, wenn Anja Schmidt etwas vorspielt, doch die Teilnehmer stellen schnell fest, dass es Übung braucht, die richtige Stelle auf die richtige Art zu treffen. Kurz ist dabei wichtig – der Finger darf die Ausbuchtung nur so treffen, als wäre sie eine heiße Herdplatte. Dann wird der Klang am besten. Aber gleichzeitig wichtig: Das Handgelenk dabei ganz locker lassen.

Stück für Stück tasten sich Sabrina, Irina, Heinz und ich an den Instrumenten voran. Die Hände sollen sich bei jedem Ton abwechseln und zunächst geht es um einen Grundrhythmus mit dem Dong, der sich oben auf der Handpan befindet. Erst später kommen weitere Töne dazu.
Zwischendurch beschäftigt sich Anja einzeln mit jedem und zeigt dabei, dass zwei Personen gleichzeitig auf der Handpan im Duett spielen können: Während wir Neulinge jeweils den Grundrythmus spielen, wandert sie von Handpan zu Handpan und spielt eine improvisierte Melodie dazu. So erhält jeder ein Gefühl dafür, was auf dem Instrument möglich ist, auch wenn man selbst noch nicht soweit ist. Aber man spürt es – und es ist ein tolles und entspannendes Gefühl. Die Handpans haben einen wunderbaren Klang, der den ganzen Raum erfüllt und fließt.
Anspannung weicht im Raum bald bester Laune, weil es immer besser klappt. Alle lächeln glücklich und trauen sich immer mehr. Im lockeren Gespräch gibt es nebenher weitere Hintergründe und Anekdoten rund um die Handpan. Anja Schmidt schildert zum Beispiel, wie die Handpan auf das Gehirn wirke und beide Gehirnhälften gleichzeitig anrege. Der Abend macht allen Spaß und zeigt, dass es wirklich stimmt – jede Handpan ist etwas anders.
So ein Instrument kauft man übrigens nicht einfach, indem man in einen Laden geht, erklärt Anja Schmidt. Man müsse in Ruhe ausprobieren, welche Art am besten passe. Die Anschaffung ist nicht billig, denn eine gute Handpan aus Handarbeit kostet zwischen 1500 und 2000 Euro.
Wer möchte, kann zu den Öffnungszeiten des „Wundervoll“ einfach vorbeikommen und im Handpan-Raum in Ruhe die Instrumente kennenlernen. Und wenn man schauen will, wie man sich zuhause damit fühlt, kann man sogar eine für 10 Euro pro Tag ausleihen. Anja Schmidt hat extra zwei Exemplare, die sie verleiht. Neben den Abendworkshops gibt es auch normale Musikstunden bei ihr. Sie hat übrigens auch ein paar Kinder als Musikschüler.
Für Kurzentschlossene: Der nächste Workshop ist bereits am Donnerstag, 18. September. Einfach bei Anja Schmidt dafür anmelden.
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