Beeindruckend. Anders kann man es nicht sagen, wenn man auf dem halbfertigen Steg in der Marienschlucht steht. Der exklusive Einblick zeigt, wie es sein wird, wenn die Wanderer 2026 wieder durch das Naturwunder auf dem Bodanrück gehen können. Mehr Platz, mehr Sicherheit, ganz neue Perspektiven – das wartet auf die Besucher mit dem neuen, breiten Steg aus Metall samt Aussichtsbalkonen.
Künftig kann man in zehn Metern Höhe durch die Schlucht laufen und hat an verschiedenen Stellen einen tollen Blick auf den Bodensee. Der Steg ist so konstruiert, dass zwischen ihm und der Felswand lockeres Gestein hindurch fallen kann. Im Gegensatz dazu war der alte Holzsteg direkt über dem Bach unten in der Schlucht und recht schmal.

Bei einem tödlichen Erdrutsch im Anfang Mai 2015 sind große Teile des Stegs zerstört und/oder verschüttet worden – damals kam eine Wanderin ums Leben. An einer Seite der Schlucht war nach tagelangen Regenfällen eine Erdwelle abgerutscht und auf der anderen Schluchtseite aufgebrandet.
Matthias Weckbach, der Projektleiter der Marienschlucht und Alt-Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, ist der absolute Experte für die Marienschlucht. Nachdem er 2023 nicht mehr für eine vierte Amtszeit angetreten ist, blieb er der Gemeinde und Region als Projektleiter erhalten. Und das eigentlich länger, als ursprünglich gedacht, da sich die Arbeiten in der Schlucht mehrfach verzögert haben.

Der strenge Naturschutz wegen den Kolkraben, Fledermäusen und Wanderfalken erlaubt Arbeiten nur in bestimmten Zeitfenstern. Doch nun ist laut verschiedenen Beteiligten ein Termin anvisiert: Am Wochenende des 28./29. März soll die Marienschlucht nach dann fast elf Jahren wiedereröffnet werden.
Der letzte Teil des Steg-Baus läuft aktuell wieder an. Außerdem wird momentan an der Erneuerung der Erich-Pohl-Kanzel am Einstieg in die Schlucht gearbeitet – sie ist einer der Aussichtspunkte auf den See.



Ein letztes Bauteil kommt noch später
Während bisher die Stegteile vom Fuß der Schlucht nach oben zusammengebaut wurden, läuft es beim jetzigen Bauabschnitt umgekehrt, so dass von oben ab der Erich-Pohl-Kanzel Stück für Stück der Anschluss an den bereits gebauten Abschnitt kommt. Alle Teile sind bereits vorgebaut und lagern auf dem Gelände der Firma Stahlbau Rettich in Bodman – das heißt: alle bis auf eins.
„Das Verbindungsstück zwischen den beiden Abschnitten muss noch gebaut werden“, erklärt Matthias Weckbach bei einer Begehung. Dazu müsse dann nochmal präzise nachgemessen werden, damit auch wirklich alles passt und die Steg-Abschnitte richtig aufeinander treffen.
Der restliche Steg-Bau kann zwar in rund acht Wochen abgeschlossen werden, aber dann warten noch wichtige Restarbeiten, zum Beispiel an den Geländern. Deshalb sei der Eröffnungstermin im kommenden März und der Steg bleibe bis dahin gesperrt.



Er ergänzt zu den Bauabschnitten, der untere Teil des Stegs sei der anspruchsvollere – daher sei von dort aus begonnen worden. Vor allem in der Kurve um den untersten Felsen, in dem ein Felsenkeller eingehauen ist, sei es sehr herausfordernd gewesen, die Felsanker für den Steg setzen zu können.
Weckbach schildert, vor der Sperrung der Schlucht seien dort jährlich nach einer Schätzung auf Basis der Zahlen der Motorbootgesellschaft rund 140.000 Menschen hindurchgelaufen. „Das wird sicherlich schnell wieder so“, sagt er überzeugt.
Ein breiter, massiver Stahl-Steg
Unterwegs mit dem gesamten Team eines Hochbauamtes aus der Region erhält man auf dem Steg schon ein gutes Gefühl dafür, wie es sein wird, wenn Besucher auf dem Steg und den Treppen laufen: Da ist wirklich viel Platz. Alle kommen sehr gut aneinander vorbei oder können auch gut nebeneinander laufen.
Über die Jahre kam wiederholt die Frage auf, warum Metall und kein Holz gewählt wurde. Das liegt daran, dass der Steg lange halten und leicht unterhaltbar sein soll und bei Nässe und im Winter nicht glitschig. Weckbach erklärt, wichtig sei zum Beispiel gewesen, dass im Ernstfall zwei Personen das Material, um etwas zu ersetzen, hinbringen können, ohne dass großer Aufwand notwendig sei. Anfangs glänzt der verzinkte Edelstahl übrigens, doch das werde sich mit der Zeit ändern.

Die Gesamtkosten sind günstiger als gedacht
Das Gesamtprojekt Marienschlucht liegt laut Weckbach derzeit bei 4,6 Millionen Euro, wobei noch der Kiosk-Ponton und der Uferweg nach Wallhausen fehlen. Eine hohe Summe und dennoch ist sie kleiner, als die im Jahr 2019 ursprünglich veranschlagten 6 Millionen Euro. Wie die Endsumme aussieht, lasse sich noch nicht sagen.
60 Prozent kommen als Zuschuss vom Land Baden-Württemberg. Die Gemeinden, auf deren Gemarkung die Marienschlucht liegt, tragen die anderen 40 Prozent: Allensbach, Konstanz und Bodman-Ludwigshafen. Im laufenden Betrieb kommen dann noch jährlich 120.000 Euro für die Unterhaltungsarbeiten, die sich die drei Orte teilen.

Obwohl die Planung und der Bau der Steganlage schwierig gewesen seien, sei der Mondfels am Uferweg Richtung Bodman die größte Herausforderung im Gebiet, so Weckbach. Dort seien bereits vor ein paar Jahren Sensoren angebracht worden, mit denen Abrutschungen und Felsstürze verzeichnet und vorhergesagt werden können. Im Rahmen des Sicherheitskonzeptes mit einem Ranger für den Bereich Marienschlucht werden auch noch Tore vor und nach dem Mondfelsen angebracht, die dann bei zu großer Gefahr für Wanderer geschlossen werden. Die Schlucht kann dann über einen Umweg über den Blissenweg erreicht werden.
Als Experte für die Marienschlucht weiß Matthias Weckbach, dass sich der Boden sogar immer etwas bewegt – er beschreibt es als „beständiges Kriechen“. Durch die Sensoren lägen inzwischen viele Werte vor, die helfen sollen, die Lage einzuschätzen. Ein Sicherheitsausschuss werde noch anhand der Daten Grenzwerte festlegen. Außerdem werde ein KI-Agent programmiert, der alle zwei Stunden die laufenden Werte der Sensoren auswerten werde und eine Vorhersage für vier Tage erlaube. Anfang werden sich die Abläufe einspielen und die Programmierung verfeinert werden müssen.



Geld für Kiosk-Ponton mit Toilette fehlt aktuell
Auch wenn die Marienschlucht im Frühling 2026 wieder offen sein wird, fehlt noch eine Sache: Der Kiosk-Ponton mit Toilette. „Die Kommunen haben aktuell kein Geld“, begründet Weckbach. Daher komme der Ponton erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die Kosten seien mit 250.000 Euro veranschlagt, allerdings weiß er, dass man auf der Mecklenburgischen Seeplatte große Erfahrungen mit solchen Bauten habe und soetwas dort um die 80.000 Euro koste. Daher sei eine Option, soetwas von dort zu beziehen und in Teilen an den Bodensee transportieren zu lassen. Bisher ist aber noch nichts spruchreif.
Wie früher wird die Marienschlucht kostenfrei sein. Das sei bewusst so, obwohl Allensbach und Konstanz an Eintrittsgelder gedacht hätten, sagt Weckbach. Der Tourismus werden auf jeden Fall profitieren. Besonders im Hinblick auf die MS Großherzog Ludwig aus Bodman-Ludwigshafen erklärt er, dass sie das einzige Schiff sei, die an der Marienschlucht anlegen dürfe, da der Steg der Doppelgemeinde gehöre.
„Die Marienschlucht war früher die stärkste Haltestelle auf dem Kurs“, sagt er. Dem Schifffahrtsbetrieb würden ohne sie rund ein Drittel an Einnahmen fehlen, was sich ab dem kommenden Jahr wieder ändern werde.
Schlechte Chancen für Uferweg nach Wallhausen
Was die Uferwege angeht, soll zwar mit der Schlucht auch der Uferweg von und nach Bodman wieder geöffnet werden, doch beim Weg nach Wallhausen sieht es ganz anders aus. Auf absehbare Zeit werde es nur die aktuell begehbare Route über den Burghof geben. Der Abschnitt, der Forst BW gehört, steht sei Jahren in der Diskussion, doch Forst BW habe kein Interesse an einer Wiedereröffnung.

Weckbach schildert, dort sei es inzwischen gefährlich, da seit Jahren keine Waldwirtschaft mehr betrieben worden sei und dies erst behutsam über fünf bis zehn Jahre gemacht werden müsste. Man könne nicht einfach alles Störende abholzen, da sonst das schützende Blätterdach fehlen würde, Wasser viel Angriffsfläche hätte und Hangrutsche die Folge wären. Er lobt aber die Wegverbindung über den Burghof als „super“.
Eigentlich habe Forst BW sogar angeboten, an zwei Stellen über Wallhausen durch Abholzungen Seeblick zu schaffen, doch der Ortschaftsrat von Dettingen-Wallhausen habe dies abgelehnt. Dort hoffe man immer noch, den Uferweg doch wieder zu bekommen.
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