Heimatmuseum in der Schlosstorkel ist zum Greifen nah: „Eine unglaubliche Chance und Perspektive“

Wann wenn nicht jetzt und genau so? Das Happy End steht nach mehr als 15 Jahren kurz bevor: Wenn der Gemeinderat von Bodman-Ludwigshafen in einer der kommenden Sitzungen zustimmt, kann das lange ersehnte Heimatmuseum mit archäologischen Funden aus dem Ort in der historischen Schlosstorkel eingerichtet werden. Oder vielleicht eher: „Haus der Geschichte“ – ein Begriff, den CDU-Rat Daniel Trisner, in der Sitzung prägte.

So ziemlich der gesamte Museumsförderverein saß im Publikum, als der Vorsitzende Tobias Jaklin zwei Planvarianten für das Torkel-Gebäude vorstellte, aus dem das geschlossene Urweltmuseum von Rolf Hauff bis Jahresende auszieht. Alle fieberten mit und hörten aus erster Hand, wie die Ratsmitglieder über die Ideen denken. Im Saal herrschte eine sehr positive Atmosphäre und geradezu Aufbruchsstimmung.

Das Gräfliche Haus Bodman, dem die 1772 erbaute Schlosstorkel gehört, steht hinter der Idee – der Ehrenvorsitzende Wilderich Graf von und zu Bodman saß selbst in den Zuschauerreihen und Johannes Baron von Bodman nahm digital an der Sitzung Teil. Das Heimatmuseum soll dieselben günstigen Pachtkonditionen wie das Urweltmuseum erhalten – 20.000 Euro im Jahr plus Nebenkosten.

Für die Schlosstorkel als Alternative zum bisher vorgesehenen Raum im Obergeschoss des Seeums gibt es zwei Varianten: Die erste wäre ein Museum mit einer angestellten Teilzeitkraft, was nach einer Einmalinvestition von geschätzten 185.000 Euro jährlich laufende Kosten von etwa 55.400 Euro nach Abzug der erwarteten Einnahmen hätte. Eine angenommene Zahl von 5000 Besuchern pro Jahr basiere auf den Erfahrungen des Urweltmuseums, erklärte Jaklin. Wie der Vorgänger wäre das Museum von Mai bis Oktober geöffnet, da die Torkel nicht beheizt werden kann und eine offene Fassade hat.

Im August lud der Museumsförderverein in die Torkel ein und zeigte dort einen historischen Film über Bodman. Bild: Ramona Löffler

Die zweite Variante wäre ein Museums-Bistro, also eine Gastronomie im beheizbaren Torkel-Teil, der Gastwirt als Museumsbetreiber und Vermietungen der Räume für Feiern, die bis maximal 22 Uhr abends dauern. Dies würde eine Einmalinvestition von 280.000 Euro bedeuten, aber hätte mit etwa 18.400 Euro nach Abzug geschätzter Einnahmen geringere laufende Kosten pro Jahr. Jaklin sprach beim Kombi-Konzept von großen Synergieeffekten. Das Museum wäre zwar nur in der Saison offen, doch die Gastronomie das ganze Jahr über. „Wir würden dies favorisieren, da es vielseitiger ist und mehr Vernetzungsmöglichkeiten hat“ sagte Jaklin. Der Museumswirt wäre der Ansprechpartner und Museumsbetreiber. So wären bei der Gemeinde nur wenig Ressourcen notwendig.

Das nötige Budget sei in beiden Fällen auf einen Bruchteil dessen reduziert, was noch vor einem Jahr im Raum gestanden habe. Laufende Kosten könnten weitgehend durch Eintrittsgelder und auch durch die Vermietung der Räume für Veranstaltungen gedeckt werden, ergänzte er vor allem im Hinblick auf Variante 2. In der Kalkulation steht momentan ein Eintrittspreis von 5 Euro pro Person.

Drei Vitrinen in der Schlosstorkel boten in den vergangenen Jahren einen kleinen Vorgeschmack, was es an archäologischen Funden aus Bodman gibt. Bild: Ramona Löffler

Der Vorsitzende stellte sowohl die Vorteile und theoretischen Risiken dar, wobei er letztere direkt wieder relativierte. Bei den Besucherzahlen geben es die bisherigen Erfahrungen der Familie Hauff, eine Gastronomie wäre attraktiv und fehlende Parkplätze hätten die Besucher des Urweltmuseums nie abgehalten. Man könne von den bereits gesammelten Erfahrungen profitieren, betonte er. „Jetzt ist das Zeitfenster, diesen Ort zu übernehmen. Die Torkel lädt dazu ein, weiter bespielt zu werden“, fasste er zusammen. Das Gebäude sei ein touristisches Highlight und würde so öffentlich bleiben.

Für das Ausstellungskonzept, das noch erstellt werden muss, umriss er den Anspruch als „verblüffende und faszinierende Sammlung“. In seiner schriftlichen Zusammenfassung hält er allerdings für das Museum fest: „Aufwendige Präsentationstechnik wird weitgehend vermieden. Die Ausstellung umfasst als Kernsammlung die Exponate der Familie Weber, die Artefakte aus dem Schloss Bodman und das Replikat der Busenwand, inklusive Projektion.“ Darüber hinaus könnten Themen bearbeitet werden wie zum Beispiel Archäologie in Bodman-Ludwigshafen, die Kaiserpfalz, aus Sernatingen wird Ludwigshafen und der Bodmansee. Die Gemeinde sei ein Ort mit starker kultureller Identität, so Jaklin in der Sitzung.

Der Förderverein würde fix 30.000 Euro aus seinen Mitteln für die Einrichtung des Museums einbringen. Laut Jaklin habe der Verein auch die Beantragungen von Fördermitteln und einen Spendenaufruf im Auge. Der Anteil der Gemeinde wurde in der Sitzung noch nicht beziffert.

Bürgermeister Christoph Stolz stieg direkt mit dem Wunsch nach einer baldigen Ratsentscheidung in die Diskussion ein. „Ich halte das Museums-Bistro für geeignet“, sagte er. Rätin Petra Haberstroh (Freie Wähler) schloss direkt an, dass die Torkel für so ein Museum prädestiniert wäre: „Das Konzept ist sehr gut.“

CDU-Rat Alessandro Ribaudo lobte die realistischen Zahlen bei den möglichen Einnahmen. Er sprach sich für Variante 2 aus: „Nur das Museums-Bistro ist realistisch.“ Gleichzeitig hatte er eine Reihe von Fragen: Ob Veranstaltungen einfach so möglich wären, ob die Präsentationsmöbel übernommen werden könnten und was mit den Parkplätzen am Gebäude ist. Laut Jaklin wären Veranstaltungen im nicht beheizbaren Teil nur in der Saison möglich, in der Gastronomie gäbe es ganzjährig Platz für 50 Personen. Seit der Sanierung vor ein paar Jahren sei das Gebäude bereits brandschutztechnisch auf dem aktuellen Stand. Er glaube zwar, dass die Möbel übernommen werden könnten, aber dass sie nicht unbedingt zur den Ausstellungsstücken passen würden.

Der Fördervereinsvorsitzende Tobias Jaklin (links) stellt die Museumskonzepte vor. Rechts sitzt Bürgermeister Christoph Stolz. Bild: Ramona Löffler

Auch CDU-Rat Michael Koch sah es wie seine Vorredner: Mit Variante 2 könnte das Museum tatsächlich verwirklicht werden. Und Daniel Trisner (CDU) ergänzte: „Ich sehe eine unglaubliche Chance und Perspektive für den Ort.“ Sein Fazit und Aufruf, es zu versuchen: „Wenn wir das nicht gemeinsam hinkriegen, sind wir selber Schuld.“

Dietmar Specht (CDU) war vor vielen Jahren Betreiber des früheren Torkelstübles und hob die Attraktivität der Location hervor. „Wir hätten sicher 100 Veranstaltungen im Jahr machen können. Jeder wollte dorthin und was machen“, sagte er über die große Zahl an Anfragen. Damals habe es immer wieder Konzerte, Lesungen und Ausstellungen im großen Raum mit dem Torkelbaum gegeben. Er griff einfach schon mal voraus und gratulierte bereits zum Museums-Bistro. Er glaube, dass problemlos ein Pächter gefunden werden könne.

Nach den vielen positiven Stimmen aus der CDU schloss sich auch Erika Zahn (ÖDP) an: „Ich finds toll. Es gibt großen Bedarf an solchen Locations.“ Sie finde es auch wichtig, dass die Torkel öffentlich zugänglich bleibe. SPD-Rätin Claudia Brackmayer ergänzte: „Ich gehe von einer Mehrheit für das Bistro aus.“ Auf ihre Frage nach einem möglichen Zeitplan, sofern der Beschluss im vierten Quartal falle, sagte Christoph Stolz, dass er dazu noch nichts sagen könne. Klar sei nur, dass der aktuelle Pachtvertrag für das Gebäude noch bis Jahresende laufe.

Da zwei Räte direkt Ideen wie Weinproben, den Verkauf von Wein aus dem Königsweingarten oder Sonderausstellungen einbrachten, bremste Jaklin sie etwas. „Die eigentliche Ausstellung muss erst mal knackig und attraktiv werden. Es muss etwas werden, das begeistert und überrascht“, sagte er. Auch Christoph Stolz verwies darauf, erst mal die Grundpfeiler zu errichten und das vorliegende Konzept nicht zu überfrachten.

Und so geht es weiter: Die Räte sollen sich die Varianten in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Im weiteren Herbst soll das Thema dann erneut auf die Tagesordnung kommen, damit das Gremium eine Entscheidung treffen kann. Die positiven Stimmen aus der aktuellen Sitzung lassen bereits stark vermuten, wie diese ausfallen wird.

Infos zum Museumsförderverein Bodman-Ludwigshafen gibt es hier. Er veranstaltet immer freitagsabends historische Ortsführungen in Bodman.

Comments

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert